01.05.2024, Israel, Jerusalem: Benjamin Netanjahu (r) Ministerpräsident von Israel und Antony Blinken, Außenminister der USA.
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01.05.2024, Israel, Jerusalem: Benjamin Netanjahu (r) Ministerpräsident von Israel und Antony Blinken, Außenminister der USA.

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Israel: Möglicher Geiseldeal wird zur Zerreißprobe

Israel hat einen Vorschlag für eine Waffenruhe erarbeitet, die Antwort der Hamas steht aus. US-Außenminister Blinken lotet die Chancen der Diplomatie aus. Widerstand gegen eine Vereinbarung gibt es vor allem innerhalb der Regierung Netanjahu.

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Israel wartet auf die Antwort der Hamas. Noch ist völlig unklar, ob die Terrororganisation auf den Vorschlag zu einer Waffenruhe und damit verbunden zu einer Freilassung weiterer Geiseln eingehen wird. US-Außenminister Antony Blinken jedenfalls machte zu Beginn seiner Visite in Israel klar, wer nun am Zug ist: "Wir sind entschlossen, einen Waffenstillstand zu erreichen, der die Geiseln nach Hause bringt, und zwar jetzt. Der einzige Grund dafür, dass dies nicht zustande kommt, ist die Hamas", sagte er bei einem Treffen mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Es liege ein Vorschlag auf dem Tisch, Verzögerungen und Ausreden dürfe es nicht mehr geben. "Jetzt ist die Zeit", so Blinken.

Man werde rasch auf den derzeit diskutierten Vorschlag für eine Waffenruhe eingehen, teilte die Hamas am Abend mit. "Höchstwahrscheinlich werden die Unterhändler morgen Donnerstag eine Antwort erhalten, so Gott will", hieß es in einer Stellungnahme, die der Nachrichtenagentur AP vorlag.

Israels Vorschlag: Stopp der Kampfhandlungen – dann Freilassung der Geiseln

Der israelische Vorschlag sieht Medienangaben zufolge ein mehrstufiges Verfahren vor, in dem die Kampfhandlungen im Gazastreifen vorerst für 40 Tage gestoppt werden und im Gegenzug dann Geiseln freikommen. Zunächst Frauen, Kranke, Ältere und Verwundete. Wie schon bei der ersten Waffenruhe im November sollen auch palästinensische Häftlinge, ebenfalls in einem Stufenverfahren, aus israelischen Gefängnissen freigelassen werden.

Scharfe Kritik: "Regierung hat kein Existenzrecht"

Ein kompliziertes Verfahren, das bei den rechtsextremen Parteien der israelischen Regierungskoalition auf Ablehnung stößt. Siedlungsministerin Orit Strock wählte heftige Worte: "Die Regierung schickt die Menschen in den Krieg. Hunderttausende Soldaten haben alles hinter sich gelassen und sind für die Ziele, die die Regierung bestimmt hat, in den Kampf gezogen. Und wir werfen diese Ziele in den Müll, um jetzt 22 oder 33 Menschen zu retten. Solch eine Regierung hat kein Existenzrecht", sagte sie.

Der frühere Ministerpräsident Jair Lapid reagierte scharf auf die harschen Worte der israelischen Rechtsaußenministerin. Auf der Plattform X entgegnete er, für ihn habe er eine Regierung mit 22 oder 33 Extremisten keine Daseinsberechtigung.

USA drängen auf Absage der Offensive in Rafah

Es ist völlig unklar, ob die rechtsextremen Koalitionspartner von Premier Netanjahu einer möglichen Waffenruhe überhaupt zustimmen würden. Denn das würde auch bedeuten, dass die Militäroffensive in Rafah, der letzten Bastion der Hamas im Gazastreifen, zunächst aufgeschoben und möglicherweise ganz abgeblasen wird. Darauf drängen die USA intensiv.

Doch Israels Premier weiß, dass dies seine Regierung sprengen und möglicherweise auch sein politisches Schicksal besiegeln könnte. Schon bei seinem letzten Treffen mit Blinken, sagte er, es gebe keinen anderen Weg, die Hamas zu besiegen, als nach Rafah hineinzugehen und dort die Reste der Hamas zu besiegen. Er hoffe dabei auf die Unterstützung der USA. Wenn es aber sein müsse, würde man es auch alleine machen.

Nach dem heutigen Treffen mit Blinken trat Netanjahu nicht vor die Presse. Beobachter werten dies als Beleg für ein tiefes Zerwürfnis mit den USA.

Karte: Übersicht Israel und angrenzende Länder

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